geändert am 20.08.2008 - Version Nr.: 1. 1067

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Sozialsparen
Bleiben die Behinderten auf der Strecke?

20.08.2008 Morgen ist Schulanfang. Auch behinderte Kinder unterliegen der Schulpflicht. Der Landkreis will den Fuhrunternehmern die Preise diktieren, indem erst sehr kurzfristig ein unakzeptables Angebot gemacht wurde. Angesichts der Kostensteigerungen beim Diesel lehnen die Unternehmer eine Fahrpreisanhebung von 1% ab und drohen die behinderten Kinder nicht abzuholen.
[Es ist Trend der Zeit, bei denen zu sparen, die sich nicht wehren. Dr. Dieter Porth]

Kommentar,Gedanken, Anmerkungen, ...

Redaktion buergerstimmen.de - Dr. Dieter Porth, Göttingen: Bei dem Klientel der Manager sprach man oft von der Niete im Nadelstreifen. Wird man bald höflich auch von den Armleuchter vom Amt sprechen?
Diese Kostendämpfungsmaßnahme zeigt, dass die Bürokraten und die Politiker das Augenmaß verloren haben. Sie sparen an allen Stellen den letzten Cent und zerstören damit die Grundlagen des Gemeinwesens. Die Einsparungen bei den Transportkosten für die Behinderten können ein Indiz für den Werteverfall in Politik und Verwaltung sein. Sie können auch ein Indiz sein, dass sich Politik und Verwaltung keine Gedanken macht über die Folgen ihres Handelns.
Es bleibt zu hoffen, dass die Fuhrunternehmer hart bleiben und vernünftige Preise aushandeln. Um ein Beispiel für meine persönliche Prioritäten zu nennen, so muss ich sagen, dass mir zufriedene Behinderte im Göttinger Land und angemessen bezahlte Fuhrunternehmer wichtiger sind als zufriedene Besucher des Deutschen Theaters. Die Hilfe an Hilflosen ist für mich wichtiger als die Subventionierung von Kultur.
Dr. Dieter Porth

 
Reporterbericht: Kontaktlink zu Redaktion buergerstimmen.de [ Homepage ] (Dr. Dieter Porth)
 

Situationsbericht. von Dr. Dieter Porth - Sparen aus Kosten der Behinderten


Die Entwicklung

Das Schuljahr beginnt morgen. Neben den "normalen" Schülern gibt es auch die behinderten Schüler. Diese werden mit Bussen abgeholt und werden dann zur Schule gebracht. Die Kosten für die Schulfahrten übernimmt der Landkreis. Gemäß eines Gutachtens wären die Preise für die Fahrten von Behinderten um 7,6% anzuheben gewesen. In einem Vorgespräch wurde von Seiten des GVN angesichts der angespannten Finanzlage beim Landkreis eine Erhöhung von 7% gefordert. Dies geschah am 3.7.. Nach drei Wochen, am 25. Juli lehnte der Landkreis ab ♠ 1und bot stattdessen eine Preissteigerung von 1% an. Auf die gestiegenen Dieselpreise, die Inflation und die strukturellen Kostensteigerungen wurde nicht eingegangen. Zwölf Tage später meldete der GVN, dass bei solchen Preisen einige Fahrdienste wohl nicht mehr fahren würden. Gut eine Woche später reagierte der Landkreis, indem er auf die fragwürdige Kündigungsfrist von einem Monat hinwies. Der Gemeinnützige Fahrdienst entscheidet sich am 15.8., die Beförderung von Behinderten unter diesen ruinösen Bedingungen nicht fortzusetzen.
Am 19.8 schrieb ein Mitgesellschafter des Gemeinnützigen Fahrdienstes an den Landkreis, dass man für einen Monat die einprozentige Preiserhöhung gegebenenfalls akzeptieren würde, um Zeit für Verhandlungen zu erreichen. Auf die Email hat der Landrat bis 17:00 am 20.8. nicht reagiert. ♠ 2

Die Kostenhebel

Neben den offensichtlichen Preiserhöhungen beim Diesel gibt einige weitere Kostenfaktoren, die bei der Kalkulation von Preisen zu berücksichtigen sind. In den letzten drei Jahren gab es nur Preisanhebungen, die unterhalb des Inflationsniveaus lagen. Beispielsweise sind auch die Preise für die Ersatzteile und Versicherungen gestiegen. Die Steigerung der Lohnkosten konnte nur dadurch aufgefangen werden, dass Leistungen wie Weihnachtsgeld, dreizehntes Monatsgehalt und ähnliches gestrichen wurde. Die Löhne wurden also in den letzten Jahren gesenkt.
Aber auch die Landespolitik verursacht zusätzlich Kosten und zusätzliche Probleme bei der Beförderung. Die Probleme kommen unter dem Schlagwort verlässliche Grundschule daher. Da alle Schulen um acht Uhr ihren Unterricht beginnen und die Betreuungszeiten vor Schulbeginn eher knapp gehalten werden, haben sich die An- und Abfahrtzeiten auf die Uhrzeit extrem verdichtet. Die Zeiten sind für die Anfahrt 8:00 und für die Abfahrt 13:00 bzw. 15:00. Wegen der verlässlichen Grundschule müssen zusätzliche Fahrzeuge angeschafft werden. Viele Fahrzeuge dienen nur dem Rollstuhltransport und können nicht weitergehend verwendet werden. Manche Fahrzeuge fahren im Jahr vielleicht 10000 km.

Die Mitleidsfalle

Die Unternehmen wie auch die Mitarbeiter sind natürlich auf die Fahrten angewiesen. Weiterhin erfüllen die Fahrten auch einen sozialen Zweck, was den Fahren durchaus bewusst ist. Genau dieses Verantwortungsgefühl wird von dem Vertretern im Landkreis ausgenutzt, indem sie sich bei ihren Entscheidungen viel Zeit lassen und so die Unternehmer in Zugzwang bringen

Eine denkbare Lösung

Der Landkreis reduziert die Investitionen in einiger seiner Prestigeprojekte.
Weiterhin könnte sich der Landkreis dafür einsetzen, dass die Öffnungszeiten der Schulen entzerrt werden, so dass die Fahrdienste kosteneffizienter arbeiten können. Dies hängt natürlich davon ab, ob dies überhaupt möglich ist.
Eine Nachfrage bei der Pressestelle des Kultusministeriums, ob die verlässliche Grundschule auf die Startzeit 8:00 fixiert sei, wurde verneint. Wesentlich ist nur, dass fünf Zeitstunden eingehalten werden. In der regel liegen die Anfangszeiten zwischen 7:30 uhnd 8:15. Dies wird üblicherweise auf regionaler Ebene ausgehandelt.

Liste der redaktionellen Inline-Kommentare

♠ 1) Drei Wochen sind eine lange Zeit für einen Landkreis, der unter der Leitung des Landrates Reinhard Schermanns (CDU) in einigen Bereichen entbürokratisiert wurde. Aber vielleicht ist die Zeitverzögerung der Taktik zuzurechnen, um die Unternehmer unter Druck zu setzen. Dr. Dieter Porth.
♠ 2) Das ist interessant. Was will der Landrat erreichen? hofft er, dass die Proteste sich gegen die Fuhrunternehmer richten. Glaubt der Landrat wirklich, dass jemand sehenden Auges in eine Insolvenz hineinwirtschaftet? Dr. Dieter Porth.

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