geändert am 13.07.2007 - Version Nr.: 1. 13

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~ Dr. Dieter Porth - Hannover


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In einer dringen Anfrage die Grünen wollten vom Umweltminister wissen, wie Landesregierung informiert wird, welche Konsequenzen man für Niedersachsen ziehen könnte und welche Folgen die Schnellabschaltung von zwei Kernreaktoren auf das Stromnetz hatte. Der Minister berichtete, dass die Informationskette über Bundesbehörden läuft, wobei der Betreiber über die Kategorisierung der Störfälle entscheidet Da von den Bundesbehörden bislang noch keine Weiterleitungsnachricht vorliegt, hat Niedersachsen wegen der Pressenachrichten direkt in Schleswig Holstein nachgefragt.

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Pressemitteilung Kontaktlink zu niedersäschsisches Ujmweltministerium [ Homepage ] (Pressestelle)

[Hannover - 12.07.07] [Internet-Zitat: Website]

Sicherheit von Atomkraftwerken - Antwort von Umweltminister Hans-Heinrich Sander auf die Dringliche Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/3943

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Vorwort
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Die Drucksache steht beim niedersächsischen Landtag zum download bereit. Ein Kopie lagert auch hier auf dem Server, siehe unten. In dem Text wird auf drei Fragen Bezug genommen. Diese Fragen sind hier zum besseren Verständnis direkt zitiert.

"....
1. Wie ist sichergestellt, dass die Landesregierung umfassend und zeitnah über die Störfälle in den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel und die weiteren Erkenntnisse daraus informiert ist?
2. Welche Folgerungen aus den Störfällen ergeben sich für die niedersächsischen Atomkraftwerke Esenshamm, Grohnde und Lingen?
3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über einen Zusammenhang zwischen den beiden Störfällen und Auswirkungen auf das Verbundnetz auch in Niedersachsen vor?
..."

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Redetext
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Pressemitteilung Nr. 84/2007
- es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,
am 28. Juni 2007 wurden die in unserem Nachbarland Schleswig-Holstein liegenden Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel durch Reaktorschnellabschaltungen abgeschaltet. Bei beiden Vorgängen handelt es sich nach den atomrechtlichen Vorschriften um Ereignisse, die der zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörde zu melden sind.
Für die in Schleswig-Holstein liegenden Anlagen ist das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren des Landes Schleswig-Holstein die zuständige atomrechtliche Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde. Dieses im Weiteren kurz nur als Sozialministerium bezeichnete Ministerium Schleswig-Holsteins untersucht die Vorgänge und nimmt alle damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen der staatlichen Aufsicht im Auftrage des Bundesumweltministeriums wahr.
Das Bundesumweltministerium hat bei derartigen meldepflichtigen Ereignissen die Aufgabe, die von den zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder weitergeleiteten Ereignismeldungen der Betreiber zentral auswerten zu lassen. Dem Bundesumweltministerium obliegt es dann, den atomrechtlichen Aufsichtsbehörden aller Länder die Ergebnisse dieser Auswertungen in den Fällen zu übermitteln, in denen sich sicherheitstechnisch bedeutsame und auf andere Anlagen in Deutschland übertragbare Aspekte ergeben.
Zu den beiden aktuellen Fällen liegen noch keine derartigen Informationen des Bundesumweltministeriums vor.
Anrede,
Das Niedersächsische Umweltministerium hat am 29. Juni 2007 Kontakt mit der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein aufgenommen. Meine Mitarbeiter wollten sich auf Grund der spektakulären Inhalte der ersten Medienberichte bereits im Vorfeld ein fundiertes Bild von den Vorgängen machen. Es ging darum, eine erste Einschätzung zur Übertragbarkeit der Ereignisse auf die Kernkraftwerke in Niedersachsen vornehmen zu können.
Der Sachverhalt stellt sich dem Niedersächsischen Umweltministerium nach den von der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde Schleswig-Holsteins bislang als gesichert mitgeteilten Informationen wie folgt dar:
Bei beiden Kernkraftwerken waren der Reaktorschnellabschaltung Störungen in der Anbindung der Kraftwerke an das Verbundnetz vorausgegangen. In Brunsbüttel war es ein Kurzschluss in der Schaltanlage des Verbundnetzes, in die das Kraftwerk einspeist. In Krümmel ein Brand in einem der Transformatoren, über die das Kraftwerk den erzeugten Strom an das Verbundnetz abführt.
In beiden Fällen waren die Reaktorschnellabschaltungen erfolgreich. Das heißt, die Anlagen waren in einen definierten sicheren Zustand überführt worden. Im Anschluss an eine Reaktorschnellabschaltung sind Detailauswertungen durchzuführen. Dabei geht es insbesondere um die Vollständigkeit und Richtigkeit aller mit der Abschaltung verbundenen Einzelmaßnahmen.
Hierbei hat sich bei beiden Kraftwerken eine Reihe von Auffälligkeiten ergeben, die Gegenstand der Prüfungen in dem atomrechtlichen Aufsichtsverfahren in Schleswig-Holstein waren bzw. noch sind.
Beim Kernkraftwerk Brunsbüttel sind diese Fragen zwischenzeitlich geklärt worden, so dass die Anlage mit Zustimmung der atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde Schleswig-Holsteins nach diesem Ereignis wieder angefahren worden ist.
Beim Kernkraftwerk Krümmel dauern die Untersuchungen hingegen noch an. In den Medien wurden am 6. Juli 2007 weitere Auffälligkeiten zu dem Ereignis in Krümmel berichtet. Berichtet wird u.a. vom Eindringen von Rauchgasen des Transformatorbrandes in die Warte des Kraftwerks und von Problemen bei der Sicherung der Datenaufzeichnung der Prozessrechneranlage.
Die beiden Ereignisse wurden als meldepflichtiges Ereignis der niedrigsten Kategorie N der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung eingestuft. Meldungen dieser Kategorie N müssen der Aufsichtsbehörde gemeldet werden, um eventuelle sicherheitstechnische Schwachstellen bereits im Vorfeld erkennen zu können. Dies sind in der Regel Ereignisse von geringer sicherheitstechnischer Bedeutung, die über routinemäßige betriebliche Ereignisse hinausgehen.
Anrede,
lassen Sie mich also im Namen der Landesregierung ganz sachlich feststellen: Die von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgenommene Einstufung der Ereignisse als "Schwere Störfälle" ist eine Interpretation, der jede sachliche Grundlage fehlt.
Das Niedersächsische Umweltministerium wird sich auch nicht an den Spekulationen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen über mögliche Weiterungen der Ereignisse beteiligen. Denn Formulierungen wie z.B. "Das ist der erste Schritt auf dem Weg zur Kernschmelze" werden den Anforderungen an eine sachliche Auseinandersetzung mit den Vorgängen in keiner Weise gerecht.
Zu den von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen behaupteten Zweifeln an der Zuverlässigkeit der Betreiber nur zwei Anmerkungen:
Erstens, die Bewertungen der Zuverlässigkeit der Betreiber der beiden Anlagen ist Sache der zuständigen Aufsichtsbehörden in Kiel und Berlin. Die parlamentarische Kontrolle über deren Entscheidung kann nur in den Parlamenten in Kiel oder Berlin erfolgen.
Wer im Niedersächsischen Landtag schwerwiegende Behauptungen aufstellt, die hier weder kompetent noch autorisiert behandelt werden können, muss sich fragen lassen, ob es ihm wirklich um die Sache geht.
Zweitens, die atomrechtliche Verantwortung für die beiden Anlagen Brunsbüttel und Krümmel obliegt ausschließlich dem Unternehmen Vattenfall. Der Versuch der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Vorgänge in Brunsbüttel und Krümmel gleich zu Vorwürfen der Unzuverlässigkeit der Betreiber von Kernkraftwerken in Niedersachsen zu nutzen, entbehrt jeder Grundlage und wird daher zurückgewiesen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Dringliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1:
Meldepflichtige Ereignisse werden von der Industrie und von Behörden des Bundes und der Länder auf mehreren Ebenen ausgewertet. Und zwar vom Betreiber der betroffenen Anlage und von Betreibern anderer Anlagen.
Auf Landesebene von den atomrechtlichen Landesbehörden und ihren Sachverständigenorganisationen. Auf Bundesebene durch das Bundesumweltministerium. Und in dessen Auftrag durch das Bundesamt für Strahlenschutz und die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit. Diese mehrfache und unabhängige Analyse stellt sicher, dass jedes meldepflichtige Ereignis detailliert und zeitgerecht ausgewertet wird.
Die Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung bildet die rechtliche Grundlage hierfür. Sie stellt zunächst sicher, dass die Betreiber von Kernkraftwerken Meldungen von Unfällen, Störfällen, d.h. kurz gesagt meldepflichtigen Ereignissen - an die zuständigen Aufsichtsbehörden der jeweiligen Bundesländer melden.
Diese Meldungen werden unterschiedlichen Kategorien zugeordnet. Von Bedeutung sind insbesondere die Sofortmeldung mit einer unverzüglichen Meldefrist, die Eilmeldung mit einer Meldefrist innerhalb von 24 Stunden und die Normalmeldung mit einer Frist von fünf Tagen. Der Betreiber eines Kernkraftwerks trägt die Verantwortung für die fristgerechte und vollständige Meldung eines meldepflichtigen Ereignisses.
Die Aufsichtsbehörde ihrerseits meldet das Ereignis nach einer ersten Prüfung des Sachverhaltes dem Bundesumweltministerium und parallel dazu zentralen Erfassungs- und Auswertungsstellen des Bundes.
Zu Ereignissen, die sich als sicherheitstechnisch bedeutsam und auf andere Anlagen übertragbar herausstellen, erarbeiten die zentralen Auswertestellen sogenannte Weiterleitungsnachrichten. Diese werden im Auftrag des Bundesumweltministeriums an die Aufsichtsbehörden der Länder, die Sachverständigenorganisationen, die Betreiber, die Hersteller und andere Institutionen übersandt.
Anrede,
Es entspricht der hohen Sicherheitskultur in Niedersachsen, dass die Betreiber unabhängig von ihren gesetzlichen Meldepflichten sowohl früher als vorgeschrieben über meldepflichtige Ereignisse als auch über Erkenntnisse unterhalb der Meldeschwellen unterrichten. Ebenso tauschen sich die Behörden bei Bedarf auch unabhängig von dem festgelegten behördlichen Informationssystem aus. So fanden die Kontakte zwischen den Behörden von Schleswig-Holstein und Niedersachsen in den aktuellen Fällen von Brunsbüttel und Krümmel bereits statt, bevor die Frist für die Meldung der Betreiber abgelaufen war.
In solchen Fällen müssen naturgemäß alle Beteiligten beachten, dass gewisse Bewertungen noch solange einen vorläufigen Charakter haben, wie Untersuchungen noch andauern und neue Erkenntnisse ergeben können.
Zu 2:
Das Niedersächsische Umweltministerium kommt auf der Grundlage des derzeitigen Informationsstandes über die Ereignisse in den Kernkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel unter Berücksichtigung der Gegebenheiten bei den Kernkraftwerken in Niedersachsen zu der folgenden Einschätzung:
Auslöser der Störungen in den Anlagen Brunsbüttel und Krümmel waren Störungen im Bereich der Netzanbindungen der Kraftwerke. Entsprechende kraftwerksnahe Kurzschlüsse und Transformatorausfälle sind in der sicherheitstechnischen Auslegung der Kernkraftwerke in Niedersachsen berücksichtigt. Für diese Bereiche der Netzanbindung ergibt sich aus den bisher vorliegenden Informationen und Erkenntnissen keine Notwendigkeit zur Veranlassung weitergehender Maßnahmen.
Zu den Auffälligkeiten bei den Abläufen nach den Reaktorschnellabschaltungen ist Folgendes festzuhalten: Bei den beiden Anlagen in Schleswig-Holstein handelt es sich um Siedewasserreaktoren. Aus diesem Grund sind die verfahrenstechnischen Abläufe in den dortigen Anlagen auf die in Niedersachsen ausschließlich vorhandenen Kernkraftwerke mit Druckwasserreaktor prinzipiell nicht direkt übertragbar. Dieses gilt insbesondere auch für die in der Anfrage angesprochenen Vorgänge im Reaktordruckbehälter in Krümmel.
Weitere berichtete Auffälligkeiten sind lediglich von untergeordneter Bedeutung bzw. anlagenspezifisch. Von der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein liegen noch keine näheren und belastbaren Informationen zu den in den Medien berichteten Auffälligkeiten Rauch in der Kraftwerkswarte und Verlust von Daten vor.
Zu den vorliegenden Informationen ist Folgendes festzuhalten: Die Kernkraftwerke in Niedersachsen sind mit Einrichtungen ausgerüstet, mit denen die Kraftwerkswarte gegen das Eindringen und Verbleiben von Rauchgasen von Bränden im Umfeld der Anlage geschützt werden kann. Außerdem wird für das Wartenpersonal eine entsprechende Schutzausrüstung vorgehalten. Zu den Prozessrechneranlagen in den Kernkraftwerken in Niedersachsen liegen keine Hinweise auf Probleme mit der Datensicherung vor.
Anrede,
Aus den genannten Gründen ergibt sich bei dem vorliegenden Informationsstand auch hinsichtlich dieser Auffälligkeiten derzeit kein Handlungsbedarf. Das Niedersächsische Umweltministerium wird nach Vorliegen weiterer Erkenntnisse ergänzende Überprüfungen vornehmen. Eine geeignete Grundlage für vertiefte Analysen wäre eine Weiterleitungsnachricht der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit. Es ist derzeit nicht bekannt, ob das Bundesumweltministerium eine Weiterleitungsnachricht veranlassen wird.

Zu 3:
Der Landesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse über Auswirkungen der Ereignisse in den Kernkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel auf das Verbundnetz in Niedersachsen vor.
Ein Teil der Betreiber der Kernkraftwerke in Niedersachsen hat die netzseitige Störung in der Schaltanlage beim Kernkraftwerk Brunsbüttel als auch das Trennen der Anlagen Brunsbüttel und Krümmel vom Netz im Verbundnetz in Niedersachsen messtechnisch erfassen können. Die Messwerte hätten unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit Betriebsstörungen im Netz keine außergewöhnlichen Besonderheiten aufgewiesen. Zu einem Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen in den Kernkraftwerken in Schleswig-Holstein, Brunsbüttel und Krümmel, liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.

Anlage: Kopie der Drucksache 15/ 3943 - (Link zur pdf-Datei auf dem Server)(11 kBytes)
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