geändert am 04.10.2006 - Version Nr.: 1. 40

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Wissenschaft

Bildung ~ <!-- THandeln -->aufzählen ~ Dr. Dieter Porth - Internet

In der Pädagogik gibt es verschiedene Erklärungsansätze, worin die Ursachen für die Benachteiligung der Jungen liegen. Die Pubertät und das Rollenbild bieten eine Erklärung. Das "sozialere" Verhalten der Mädchen ist eine zweite Erklärung. Die größere Leselust der Mädchen ist ein dritter Erklärungsansatz. Nur gibt es keine praktischen Bemühungen, die Benachteiligung der Jungen auszugleichen. Das ist der eigentliche Skandal.

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Pressemitteilung Bürgerstimmen im Göttinger-Land [ Homepage ] (Dr. Dieter Porth)

[Internet - 02.08.06] [Zitatenliste]

Jungenbenachteiligung - eine zweite kleine Internetrecherche

Im Internet finden sich viele Links zu Arbeiten zur geringer ausgebildeten Lesekompetenz der Jungen im Vergleich zu den Mädchen. Viele der Arbeiten haben einen geisteswissenschaftlichen Anspruch, wie zum Beispiel die Arbeit von Dr. Schnöbel. Er kommt in seiner kurzen Übersicht zur Idee, dass das Rollenverhalten und die psychologische Entwicklung der Schüler entscheidend für das geschlechtsspezifische Leseinteresse ist. Man könnte sagen, dass Lesen für Jungen uncool und für Mädchen cool ist. Wegen des höheren Leseinteresses an Geschichten erüben Mädchen automatisch eine höhere Lesekompetenz.
Wie üblich in den Geisteswissenschaften sind seine Gedanken nur als Hypothese zu werten, da die experimentelle Bestätigung für seine Überlegungen fehlt. Seine Gedankengänge scheinen im hohen Grade plausibel. Letztendlich gilt dies aber für viele Ideen in der geisteswissenschaftlichen Pädagogik. Festzustellen ist, dass die faktische Benachteiligung im Ausbildungssystem nicht thematisiert wird.
In den Tagen nach der Veröffentlichung der PISA-Studie waren die Worte offener und direkter, wie die folgende Quelle aus dem Jahre 2002 zeigt. Der zitierte Hinweis auf einen Zeitschriftenartikel benennt die Benachteiligung eindeutig beim Namen.

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Originallink
Zusammenfassung des kurzen Berichts von Dr. Marcus Schnöbel
In den Kreisen der Wissenschaft wird die Benachteiligung nur unter dem Aspekt der mangelnden Lesekompetenz diskutiert. In seinem Kurzbericht (11.2.2004) "Lesekompetenz, - Medien und Geschlecht- Diagnosen und Konsequenzen aufgrund der PISA-Studie" zitiert Dr. Marcus Schnöbel im wesentlichen aus der PISA-Studie. Auf Seite 2 des PDF-Dokuments schreibt er:
"... Die Lesefähigkeit der Jungen liegt im OECD-Durchschnitt um 32 Punkte unter der von Mädchen, also "fast eine halbe Kompetenzstufe" (OECD, 2001, S. 147.). In Deutschland beträgt die Differenz 35 Punkte, die sich aus 26 Punkten beim "Informationen ermitteln", 33 Punkten beim "Textbezogenen Interpretieren" und 48 Punkten beim "Reflektieren und Bewerten" zusammensetzen (OECD, 2001, S. 321.). Signifikante Unterschiede zeigen sich ferner in der Lesegeschwindigkeit (BAUMERT et al., 2001, S. 256.). ..."
Im vorangegangenen Text sagt Dr. Schnöbel, dass in der Grundschule kaum Unterschiede bei der Lesekompetenz und auch der Lesefreude bestehen. Die Unterschiede prägen sich erst später aus. Die mangelnde Lesekompetenz wird durch die mangelnden diagnostischen Fähigkeiten der Lehrer  Kommentarpiktogramm   verschärft, so dass hierin eine Ursache für die systematische Benachteiligung der Jungen durch das Schulsystem liegen könnte::
" ... Für viele Jungen kommt hinzu, dass ihre schwachen Leseleistungen von ihren Lehrern oft nicht erkannt werden (BAUMERT et al., 2001, S. 120.). Dies muss zu denken geben, denn "[e]ine zentrale Voraussetzung für eine optimale Förderung ist eine ausreichende diagnostische Kompetenz der Lehrkräfte, also die Fähigkeit, den Kenntnisstand, die Verarbeitungs- und Verstehensprozesse sowie die aktuellen Leseschwierigkeiten der Schüllerinnen und Schüler korrekt einschätzen zu können" (BAUMERT et al., 2001, S. 132.).
Die ungleiche Verteilung der Geschlechter auf die verschiedenen Schulformen könnte mit diesem Defizit zusammenhängen: Während Mädchen in Gymnasien überrepräsentiert sind (56%), überwiegen die Jungen in der Haupt- (55%) und Sonderschule (69%) (BAUMERT et al., 2001, S. 258.). Zur Entlastung der Lehrkräfte muss jedoch hinzugefügt werden, dass ihnen die diagnostischen Kompetenzen kaum vermittelt werden und dass sich die großen Klassen hier überaus kontraproduktiv auswirken. ..."
In seiner Schlussfolgerung bei der Deutung des Unterschiedlichen Interesses an der Lesefähigkeit, zieht Dr. Schnöbel auf die Rollenfindung der pubertierenden Jugendlichen in seine Überlegungen mit ein. Der "stereotype Junge" liest ungern und bastelt lieber, während das "stereotype Mädchen" lieber liest und technisch weniger interessiert ist. Er schreibt auf Seite 4:
" ... Zieht man die Befunde zusammen, so werden die vertrauten Rollenstereotypen sichtbar: Jungen sind eher mathematisch-technisch-naturwissenschaftlich orientiert und richten ihren Blick auf die Welt der Tatsachen, wie sie oft in Webseiten, Tabellen, Diagrammen oder Zeitschriften enthalten sind. Lesen dient ihnen der Informationsaufnahme und fällt schwer, wenn dabei ein gefühlsmäßiges Einlassen auf fiktionaler Ebene erforderlich wird. Im Gegensatz dazu fühlen sich Mädchen zu den Sprachen und der Welt jenseits der harten Fakten hingezogen. Das Lesen, Reflektieren und Verknüpfen mit eigenen Erfahrungen oder Vorstellungen zählt zu ihren bevorzugten Beschäftigungen. .."


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Originallink vom 22.3.2002

NEUE PISA-Ergebnisse in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft (ZfE), Heft 1/2002
Für die Erklärung von aggressiven, aber auch von prosozialen Verhaltenstendenzen kommt es weniger auf die Schulform an, sondern auf die individuelle Einschätzung der Schüler-Lehrer-Beziehung durch die Jugendlichen. Dies ist der überraschende Befund eines Beitrags des PISA-Teams aus dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, der soeben in der "Zeitschrift für Erziehungswissenschaft" (Verlag Leske + Budrich, Heft 1/2002) veröffentlicht wurde. Der Aufsatz berichtet, welche Wirkungen die Schulform (z.B. das Gymnasium) auf die aggressive Orientierung der Jugendlichen hat bzw. auf die Bereitschaft, Mitschüler zu unterstützen.
Ergebnis: Verglichen mit den Schulformunterschieden bei den Schulleistungen, sind die Differenzen im Bereich der Sozialkompetenz, der Kommunikation und Kooperation gering. Wichtiger sind dagegen Geschlecht, soziale Herkunft und die individuelle Einschätzung der Lehrer-Schüler-Beziehungen. So zeigen Mädchen positivere soziale Tendenzen als Jungen. Kinder mit höheren kognitiven Grundfähigkeiten haben eine niedrigere aggressive Tendenz. Ferner gehen ein höherer sozialer Status und bessere Kommunikation mit geringeren aggressiven Tendenzen einher. Und: Jugendliche, die ihre Beziehung zum Lehrer positiv bewerten, zeigen gleichfalls weniger aggressive Tendenzen. Übrigens spielt das Geburtsland der Eltern bei dieser Frage keine negative Rolle. Damit wird klar, dass es für bestimmte Schulformen (etwa Gesamtschule oder das dreigliedrige Schulsystem) keine politischen Argumente gibt, die aus empirischen Ergebnissen über besseres soziales Lernen abgeleitet werden könnten. Zwei weitere Beiträge des PISA-Autorenteams beschäftigen sich außerdem mit der Lesekompetenz deutscher Schülerinnen und Schüler: Im ersten wird herausgearbeitet, wo die spezifischen Stärken und Schwächen der 15-jährigen Jugendlichen im internationalen Vergleich liegen, um endlich Ansatzpunkte für eine gezielte Verbesserung der Lesekompetenz aufzuzeigen. Die Autoren weisen nach, dass das Wissen von Schülern über geeignete Lernstrategien und das Leseinteresse von entscheidender Bedeutung für die Lesekompetenz sind.
Der zweite Beitrag zum Lesen berichtet von den geschlechterspezifischen Leistungsdifferenzen. Er analysiert den Vorsprung der Mädchen beim Lesen. Daraus ergibt sich eine erhebliche Benachteiligung von Jungen im Schulsystem, zumal die Lesekompetenz auch eine Voraussetzung für die Leistungen in anderen Fächern ist und die Deutschnote bei der Gymnasialempfehlung eine hervorragende Rolle spielt. Hier besteht ein dringender bildungspolitischer Handlungsbedarf. Die "Zeitschrift für Erziehungswissenschaft" ist eine der führenden erziehungswissenschaftlichen Fachzeitschriften. Die Beiträge repräsentieren thematisch, methodisch und in der Darstellungsweise einen hohen Qualitätsanspruch, der durch anonymes peer review und das Herausgeberkollegium gesichert wird.
Auskunft: Univ.-Prof. Dr. Dieter Lenzen, Erster Vizepräsident der Freien Universität Berlin und geschäftsführende Schriftleiter der ZfE, Tel.: 030/838-73110, bzw. Frau Dr. Petra Stanat, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Lentzeallee 93, 14195 Berlin, Tel.: 030/82406-457. Heft 1 erhalten interessierte Journalisten kostenlos direkt beim Verlag Leske + Budrich, z. Hd. Frau Sabine Rehorst, Postfach 300551. 51334 Leverkusen, Tel.: 0271/4907-0, Fax: 02171/4907-11, E-Mail: {[Auf dieser Website werden keine fremden Emailadressen veröffentlicht.]
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Erläterung und/oder Kommentar

Für die Benachteiligung der Jungen im deutschen Bildungssystem sind Gedanken der Pädagogen unwichtig, denn die mittelbare Benachteiligung erfasst ganze Jahrgänge. Durch die Benotung der Lehrer werden mehr Jungen als Mädchen die Bildungschancen und die akademische Laufbahnen verweigert.
Wenn die Pädagogen eine geschlechtergerechte Benotung nicht hinbekommen, dann muss die Verwaltung eine geschlechtergerechte Benotung ermöglichen. In einem ersten Schritt müssen die Notenverteilungen von Schülerinnen und Schülern veröffentlicht werden, möglichst nach verschiedenen Regionen aufgegliedert. An Hand der Notenverteilungen sollten die Vergaberichtlinien der ZVS auf die geschlechtsspezifische Benotungswillkür der Lehrer angepasst werden. Vielleicht ist es den Lehrern als Betroffene im System Schule unmöglich, wirklich geschlechtergerecht zu bewerten.
Trotzdem müssen die Bildungschancen bei Jungen und Mädchen gleich sein. Wegen der Geschlechtergerechtigkeit hätte das Kultusministerium schon vor Jahren einen geschlechtsspezifischen Bewertungsmaßstab anregen können und umsetzen müssen. Der Bewertungsmaßstab sollte geschlechtsspezifisch über die Vergabe oder Verwehrung von Schulabschlüssen entscheiden.

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